Ich schreibe eine Menge komplizierte Bücher. Serienplots können ziemlich verzwickt sein, sodass mir manche wichtigen Details früher schnell untergegangen sind. Da war es sehr schwer, um nicht zu sagen unmöglich, alle Subplots auf einmal im Auge zu behalten. Und das, ohne dass mir der Kopf explodiert.
Mit der Methode, die ich euch heute vorstellen möchte, habe ich aber für einen besseren Durchblick beim Schreiben gesorgt. Dadurch weiß ich, was hinter mir liegt, aber auch welche Szenen ich noch unbedingt in mein Buch einbauen muss.
Ähnlich wie die Aaron’sche Methode zum Plotten der nächsten Szene ist auch diese extrem simpel. Nach diesem Blogpost könnt ihr sofort loslegen und für mehr Durchblick in euren Buchprojekten sorgen, solltet ihr damit gerade Probleme haben.
Das kann ich nur zu gut verstehen. Geht mir mit meiner aktuellen Rohfassung auch so.
Also lasst uns loslegen!
Meine Post-It-Sammelstellen in Aktion
Im Hintergrund meiner Videos sieht man das Ergebnis dieser Methode immer wieder. Post-Its über Post-Its an meinen Türen und Möbeln.
Beispielsweise an der Schlafzimmertür für meine Witch’s World Bücher. Oben die für Band 6, der eben erschienen ist, und unten die ersten Post-Its für Band 7, der mir gerade Schwierigkeiten bereitet. Links davon hängen noch einige Post-Its mit Infos aus den bisherigen Büchern, die ich in zukünftigen Bänden noch unterbringen muss.
Auch für Projekt Efeu habe ich mehrere Post-It-Sammelstellen. Einmal hinter meinem Schreibtisch am Bücherregal mit ersten Ideen für den dritten Band. Aber auch an meinen beiden Kleiderschranktüren für Band eins und zwei.
Bis vor kurzem war auch mein Kühlschrank und meine Badtür voll davon. Das waren die Post-Its für Schatten der Hexe. Die habe ich mittlerweile abgehängt und sicher im Romannotizbuch verstaut, weil das Projekt abgeschlossen ist.
Woher kommt die Post-It Methode?
Angefangen hat es mit Witch’s World 5.
Als ich das Buch nach längerer Pause schreiben wollte, war ich von den vielen Perspektiven und Subplots ziemlich überwältigt. Weil ich wusste, dass andere Autorinnen und Autoren Karteikarten zum Plotten nutzen, habe ich mir die wichtigsten Plotpunkte ausgedruckt und als kleine Kärtchen ausgeschnitten.
Das war ein erster Anfang, aber sehr starr, weil die Outline nicht richtig mitgewachsen ist. Später habe ich dann in Obsidian mittels der Canvas-Funktion eine visuelle Übersicht erstellt, war aber noch nicht sehr zufrieden. Mein Plot war so “groß”, dass ich ihn nie ganz auf einer Seite vor mir sehen konnte.
Vor einigen Jahren habe ich schon dieses super hilfreiche Video von Thilde Kold Holdt geschaut und habe mich beim Schreiben von Projekt Efeu daran erinnert.
Beim Schreiben bin ich dann dazu übergegangen, wichtige Szenen, die ich in der bisherigen Rohfassung schon angedeutet habe, auf Post-Its zu schreiben und an mein Bücherregal zu kleben. So wusste ich, was ich nicht vergessen darf und hatte immer etwas, worauf ich hinarbeiten konnte.
Als ich dann mit dem Überarbeiten von Efeu 1 begonnen habe, wollte ich mir visuell einen besseren Überblick verschaffen. Was dabei herausgekommen ist, habt ihr ja schon gesehen. Und weil mir das enorm beim Schreiben von Band 2 geholfen hat, habe ich beschlossen, das auch auf meine zukünftigen Bücher anzuwenden.
Wie gehe ich dabei also vor? Und was kommt überhaupt auf das jeweilige Post-It drauf?
Beginnen wir mal mit Letzterem. Das ist einfacher zu erklären.
Bestandteile des Post-Its
Auf ein Post-It wird in der Regel immer nur eine Szene zusammengefasst in Stichpunkten.
Oben links steht die Perspektive, aus der die Szene geschrieben ist.
Oben rechts steht das Datum, teilweise auch die Uhrzeit. Das war für mich immer eine der schwierigsten Infos, die ich tracken wollte.
Anschließend folgt eine kurze Überschrift, die zusammenfasst, um was es grob in der Szene gehen soll. Die hilft mir vor allem dabei, wenn ich vor meiner Post-It Wand stehe, mich im Buch besser orientieren zu können. So kann ich innerhalb von Sekunden entscheiden, ob ich die Stichpunkte dazu auch lesen muss, um mich auf eine kommende Szene vorzubereiten, oder ob ich sie überspringen kann.
Und darunter kommen dann einige Stichpunkte dazu, was in der Szene passiert.
Easy peasy, right?
Farbcode und Pageflags
Gerade bei der Post-It Wand von Efeu findet man unterschiedliche Farben. Hier habe ich mich dazu entschieden, einen Farbcode zu verwenden.
Beigegelb steht für die normalen Szenen.
Blau steht für sämtliche übernatürliche Ereignisse (Visionen, Geistersichtungen, etc.).
Pink steht für das Zusatzmaterial, das einerseits aus einem Tagebucheintrag und ab und an auch aus Zeichnungen und Notizen von Ben besteht.
Hier und auch bei anderen Projekten nutze ich zudem diese kleinen Pageflags/Pagemarker, um nochmal visuell deutlicher zu kennzeichnen, aus wessen Perspektive die Szene erzählt ist.
Bei Projekt Efeu habe ich mich für folgenden Farbcode entschieden:
Blau steht für Ada, das Medium.
Grün steht für Ben, einer der beiden Geisterjäger.
Orange steht für Stevie, der zweite Geisterjäger.
Bei Witch’s World 7 habe ich auf den jeweils ersten Post-It eines neuen Kapitels einen Marker geklebt, auf dem die jeweilige Perspektive steht. Hier gibt es einfach zu viele, um sie mit individuellen Farben zu kennzeichnen.
Das Gute ist, dass ich diesen Farbcode für jedes Projekt neu entscheiden kann und da nicht an irgendwelche voreingestellten Settings gebunden bin, wie das zum Teil bei digitaler Software der Fall ist. Ich kann die Post-It Wand so gestalten, wie ich es gerade brauche. Mit so vielen oder so wenigen Post-Its, die eben nötig sind, um mir einen Überblick zu verschaffen.
Diese Informationen und deren Anordnung auf den Post-Its ändern sich nicht, egal ob ich sie nun zum Planen oder zum Zusammenfassen nutze. Der einzige Unterschied besteht darin, wie ich die Post-Its einsetze.
Fangen wir beim Planen an.
Ideen-Post-Its: So nutze ich die Post-Its zum Planen
Das Planen meiner Bücher ist einer der beiden Gründe, weshalb ich diese Methode nutze. Vor dem Schreiben brainstorme ich sehr viel in meinen Notizbüchern, bis ich ein gutes Gefühl habe, was ungefähr passieren wird. Hier ist noch nichts in Stein gemeißelt und das gilt auch für die Post-Its.
Zu diesem Zeitpunkt schreibe ich mir die wichtigsten Ideen für Szenen oder Plotpoints grob auf einzelne Post-Its und ordne die dann auf meiner Fläche an. Das mag vielleicht auf den ersten Blick wie doppelt gemoppelt erscheinen, hat aber einen einfachen Grund: leichtere Sichtbarkeit.
Statt irgendwo versteckt in meinem Notizbuch habe ich die Ideen und Informationen so direkt vor mir und muss nicht lange danach suchen.
Dafür verwende ich meistens eine andere Farbe als später für die fertigen Szenen, also z.B. knallgelb statt dieses typische beigegelb. Das ist für mich noch einmal ein visueller Reminder, dass es sich hier nur um eine Idee handelt, die sich später vermutlich noch ändern wird.
Für mich sind diese Ideen-Post-Its grobe Richtungsweiser. Dazwischen liegen oft weitere Szenen, die ich mir meistens erst unmittelbar vor dem Schreiben genauer überlege. Dazu nutze ich die Aaron’sche Methode, über die ich schon in einem anderen Blogpost mehr erzählt habe.
Während ich schreibe und weiter brainstorme, kommen mir natürlich neue Ideen, die ich normalerweise auch als Ideen-Post-Its aufhänge.
Ich sage hier normalerweise.
Bei Witch’s World 7 war ich etwas faul und habe das nicht gemacht. Jetzt rächt sich das ein wenig, weil ich keine so deutlichen Zwischenstationen mehr habe. Das hat mir in den letzten Tagen auch etwas die Motivation genommen, weiterzuschreiben. Ich weiß zwar sehr grob, was bis zum Ende noch passieren soll, aber es wird Zeit, mir das deutlicher in Erinnerung zu rufen.
Also habe ich diesen Blogpost zum Anlass genommen, um das Manuskript auf Vordermann zu bringen!
Wie gehe ich dabei vor?
Mein sehr grober Richtungsweiser bei Witch's World 7 sind hier die übrigen Kapitel aus der Perspektive von Isa, meiner wichtigsten Protagonistin. Die stammen aus einer alten Fassung, die ich zum Teil in dieser Version übernehme, dabei aber einiges umschreiben muss.
Zuerst halte ich also auf meinen Ideen-Post-Its fest, was noch alles bei Isa bis zum Ende des Buchs passieren muss.
Anschließend, manchmal auch zwischendurch, fülle ich dann die Lücken dazwischen mit Szenenideen für die anderen Charaktere auf. So habe ich nun ein ganz gutes Grundgerüst, an dem ich mich für die restliche Rohfassung entlanghangeln kann.
Aufgehängt habe ich die Post-Its zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Und das hat einen guten Grund: Dazwischen gibt es einige Kapitel, die ich zwar schon geschrieben, aber noch nicht zusammengefasst habe.
Und das ist der zweite Grund, weshalb ich diese Methode nutze.
Übersichts-Post-Its: So nutze ich die Post-Its zur Übersicht
In vielen meinen Videos spreche ich davon, dass ich keine Hardcore-Plotterin bin und oft und viel von meinen ursprünglichen Plänen abweiche. Beim Schreiben kommen mir einfach noch viel bessere Ideen, an die ich beim Planen noch gar nicht gedacht habe.
Das heißt, viele der Ideen-Post-Its werden mit der Zeit hinfällig, weil ich sie entweder gar nicht oder in ganz anderer Form umgesetzt habe.
Jetzt kommen die beigegelben Post-Its ins Spiel. Die Übersichts-Post-Its.
Diese schreibe ich erst, wenn ein Kapitel ausformuliert ist. Wenn das erstmal steht, ist es bei mir relativ unwahrscheinlich, dass sich daran noch groß etwas ändert. Was aber wahrscheinlich ist, ist, dass es sich stark von meinem vorherigen Brainstorming für dieses Kapitel unterscheidet.
Und um diese Unterschiede festzuhalten und einen Überblick über das zu behalten, was dann tatsächlich im Buch passiert (und nicht bloß, was ich ursprünglich dafür vorgesehen habe), schreibe ich mir kurze Zusammenfassungen - ebenfalls als Post-Its und ersetze damit in der Regel die Ideen-Post-Its.
Bevor ich die Stichpunkte auf die Zettelchen banne, schreibe ich meistens in einem Notizbuch eine etwas ausführlichere Outline und kürze sie dann auf den Post-Its noch etwas mehr ein. So muss ich die nicht ständig neu schreiben, wenn ich mich vertan habe. Für mich ist das leichter, aber vielleicht bekommt ihr es ja hin, es gleich auf die Zettel zu schreiben.
Sobald ich ein oder zwei Kapitel geschrieben habe, sind die Zusammenfassungen dran und werden dann in der richtigen Reihenfolge auf die Wand geklebt. Manchmal muss ich auch bisherige Post-Its verschieben, aber genau deswegen nutzen wir sie ja. Weil sie einfach zu bewegen sind.
Auch was die Übersichts-Post-Its angeht, war ich bei Witch’s World 7 etwas faul und habe das schleifen lassen. Auch das musste nachgeholt werden, war aber nicht so schlimm. Im Notizbuch habe ich sie schon zusammengefasst gehabt, sodass ich sie diesmal nur auf Post-Its einkürzen und aufkleben musste.
Danach kann ich auch die neuen Ideen-Post-Its anordnen, sodass ich diese Woche wieder mit dem Schreiben loslegen konnte.
Warum physische Post-Its und keine digitalen Mindmaps?
Das ist eine Frage, die ich häufig gestellt bekomme. Mindmap oder Plotsoftware gibt es mittlerweile wie Sand am Meer.
Eine Weile lang habe ich die Canvas-Funktion von Obsidian verwendet und kann das komplette Programm nur immer wieder empfehlen. Ich weiß, dass es auch einigen von euch sehr geholfen hat.
Was mich dabei am meisten stört, ist, dass ich bei digitalen Tools trotzdem den Überblick verliere. Ein Bildschirm ist einfach nochmal etwas anderes als eine ganze Wand oder eine Schranktür. Klar kann ich zoomen, aber es ist nicht so dynamisch, als wenn ich vor einer Wand voller Post-Its stehe und einfach nur den Kopf etwas vorrücken oder den Blick ändern muss.
Außerdem ist es für mich leichter, überall Post-Its oder Zettel in der Wohnung liegen zu haben, um schnelle Einfälle zu notieren, statt jedes Mal erst den PC oder irgendeine App starten zu müssen.
Durch das handschriftliche Aufschreiben bleiben mir meine Ideen oder später die Zusammenfassungen auch besser im Kopf. Und ich laufe nicht so schnell Gefahr von anderen Dingen abgelenkt zu werden.
Dadurch, dass der Platz auf den Zetteln begrenzt ist, muss ich mir auch genau überlegen, was ich aufschreiben möchte. So landet garantiert nur das auf dem Post-It, was wirklich wichtig ist.
Und darum geht es ja. Möglichst schnell mit einem Blick erkennen zu können, was in der jeweiligen Szene passiert.
Geht mir nicht irgendwann der Platz aus?
Platz ist bei dieser Methode tatsächlich ein ziemliches Problem und sicher ein Grund, das doch lieber digital zu machen. Da ich allein wohne, ist es nicht so schlimm, wenn überall Post-Its herumhängen. Mich stören sie nicht, inspirieren mich eher, weiter an meinen Büchern zu arbeiten.
Nur neulich war es etwas merkwürdig, als ich einen Handwerker da hatte. Da hingen noch die Post-Its für Schatten der Hexe, auch einige mit Hinweisen für die spicy Szenen, die darin vorkommen. Da war ich kurz davor, sie abzuhängen, habe mich aber dagegen entschieden. Das gehört eben auch zu meinem Job und dazu sollte ich stehen.
Wer nicht so viel Platz zu Verfügung hat, oder nicht mag, dass der Plot so offen herumhängt und jeder ihn lesen kann, könnte z.B. auch größere Bögen Tonpapier oder A3 Zeichenpapier nutzen. Da lassen sich die Post-Its auch aufkleben und verrücken, aber man kann sie in Stapeln oder Mappen lagern, statt sie für alle Welt zur Schau zu stellen. Beim Schreiben kann man den Bogen dann neben sich legen und ihn so trotzdem vor Augen haben.
Oder man verwendet Karteikarten.
Dazu werde ich vermutlich übergehen, wenn ich meine Post-Its aufgebraucht habe, was noch eine Weile dauern könnte …
Karteikarten lassen sich einfacher mitnehmen oder später auch leichter lagern. Sie kleben nicht aneinander, wenn man sie stapelt und halten durch ihre höhere Grammatur mehr aus.
Eine kostengünstigere Alternative dazu wäre buntes Druckerpapier, das man auf eine kleinere Größe zuschneidet, z.B. A6.
Auch wenn es chaotisch wirken mag, hilft mir diese Methode dabei, den Überblick über meine Plots zu behalten. Dadurch, dass ich mir die Post-Its für Witch’s World 7 geschrieben habe, sowohl mit neuen Ideen als auch mit den Zusammenfassungen, konnte ich diese Woche endlich wieder am Manuskript arbeiten.
Ich hoffe, euch geht es genauso, wenn ihr diese simple Methode ausprobiert.
Dabei müsst ihr euch auch nicht an mein System oder den Farbcode halten. Macht das so, wie es sich für euch und euer Schreibhirn richtig anfühlt. Denn genau dazu ist es ja gut: Um euch bei eurer Arbeit zu unterstützen. Niemand sonst braucht sich darin zurechtzufinden.
Sagt gerne Bescheid, ob diese Methode hilfreich für euch ist oder ihr noch Fragen habt.
eure kate
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